Amerika, 1754. Der Siebenjährige Krieg in Europa wird als Franzosen- und Indianerkrieg auch in den Kolonien ausgetragen. Andy kennt Krieg aus der Heimat und ist bedrückt.
Kurz nach Antons Tod verstarben auch seine Freunde Lady Meredith und Lord Ruben. Doch die Freundschaft zwischen beiden Familien half ihnen durch die Zeit der Trauer. Sie wussten, dass sie auch weiter für einander da sein würden.
Die Sorgen des Captains
Viele Gäste kamen in den „Merry Dragon“, und manchmal auch britische Soldaten. Unter den Stammgästen war ein älterer britischer Captain, der gerne mit Andy erzählte. An jenem Abend des Jahres 1754 starrte er lange stumm vor sich hin. „Es sind nur noch wenige Monate bis zum Ende meiner Dienstzeit“, sagte er schließlich, „und auch wenn ich Amerika mag, möchte ich doch meinen Lebensabend daheim in England verbringen. Aber jetzt weiß ich nicht, wann das gehen wird, und ob es überhaupt gehen wird. Ich muss mit meinen Soldaten aufbrechen. Die Lage mit den Franzosen spitzt sich zu. Viele unserer Leute möchten ins Ohio-Tal, das beanspruchen aber die Franzosen für sich, und oben im Norden will unsere Regierung die Franzosen aus Akadien und vom St. Lorenz-Strom verdrängen. Nachdenklich verabschiedete Andy den Captain. „Ich wünsche Euch alles Gute“, sagte er warm, „und dass Ihr Eure Heimat gesund wiederseht“. Aber im Inneren war er nicht so gewiss. Die Positionen von England und Frankreich waren unversöhnlich, beide brachten Indianerstämme auf ihrer Seite – und überhaupt, eigentlich war es Indianerland.
Siebenjähriger Krieg (1754-1763, Amerika und Europa)
Bald darauf kam es zum Krieg. Lange Zeit behielten die Franzosen die Oberhand, da sie die meisten Indianerstämme auf ihrer Seiten hatten, dann konnten die Engländer das Blatt wenden. 1758 vertrieben englische Regimenter und Kolonisten die Franzosen aus dem Ohiotal, zwei Seesiege 1759 vernichteten die französische Flotte, im September fiel Quebec, ein Jahr später kapitulierte Montreal. Im Frieden von Paris 1763 musste Frankreich u.a. alle Kolonien in Nordamerika an England abtreten. Nur das Mississippi-Delta blieb französisch.
Auch in Europa wurde wieder gekämpft. Königin Maria Theresia in Wien hatte sich mit dem Verlust Schlesiens nicht abgefunden. Ihrem Außenminister war es gelungen, ein Bündnis mit Russland, Sachsen und sogar Frankreich, Habsburgs jahrhundertelangem Feind, zu schmieden. Auf Preußens Seite stand nur England, und das leistete auch nur finanzielle Hilfe, damit Frankreichs Truppen in Europa gebunden waren. Der Siebenjährige Krieg (1756-63) begann. Friedrichs Siege über die Reichsarmee und die Franzosen machten ihn populär, doch er erlitt auch furchtbare Niederlagen. Der Krieg brachte sein Land an den Abgrund, doch am Ende war Preußen zur fünften Großmacht in Europa geworden.
Welche Indianer leben am Rhein? (um 1763)
Andys Gedanken gingen in die Heimat. Auch wenn sich die kleineren Staaten so gut es ging aus den Kämpfen der Großen heraushielten, brachte der Durchzug verschiedener Truppen immer wieder Not und Bedrängnis. Doch Andy dachte auch an die Soldaten. Für viele war ist die Armee der einzige Weg, regelmäßig etwas zu essen zu bekommen, und im Falle einer Verwundung wenigstens die Familie vorsorgt zu wissen. Zudem wurden viele Männer durch Betrug oder mit Gewalt zum Wehrdienst gepresst. Er war froh, dass seinen Kindern das erspart blieb.
Ambrose und Betty waren von Kindesbeinen an wissbegierig und unternehmungslustig gewesen. Sie kannten ihr Städtchen und seine Umgebung gut, und wann immer ihr Onkel Sean zu Besuch war, paddelten sie mit ihm den Brandywine Creek hinauf und hinab. Betty interessierte sich sehr für die Kulturen der Menschen, um sie herum lebten. Die Indianer, die weißen Amerikaner, die als Kinder oder Enkel europäischer Einwanderer hier geboren worden waren, und die Menschen, die gerade erst aus England, Irland oder einem der deutschen Staaten in die Neue Welt kamen. Schon als kleines Mädchen hatte sie gerne ihrem Opa Anton zugehört, wenn er von seiner Heimat erzählte. Einmal hatte sie ihn gefragt, welche Indianerstämme dort am Rhein lebten. Er hatte herzlich gelacht und ihr dann liebevoll erklärt, dass Indianer nur in Amerika lebten. Daraufhin ging Betty systematisch vor und schrieb alles auf, was sie über Amerika und die verschiedenen europäischen Länder lernte.
Misstrauen entsteht aus Unwissenheit
Später verliebte sie sich in Simon, dessen Familie in Philadelphia eine Zeitung herausgab. Er bat sie, für ihn zu schreiben und ihr Wissen einzubringen. „Misstrauen entsteht oft aus Unwissenheit“, sagte er. Dort, in Philadelphia, arbeiteten beide in einem Verein mit, der Neuankömmlinge während der ersten Zeit unterstützte. Nicht nur dass, durch die guten Kontakte des Verlags zu den einzelnen Kolonien in Nordamerika auf der einen und den deutschen Staaten, England und Irland auf der anderen Seite konnten sie auch mancher Familie helfen, in Verbindung zu bleiben.
Ambrose
Ambrose hatte seine Begabung für Holzarbeiten geerbt. Neben dem „Merry Dragon“ hatte er seine Werkstatt, in der Tische, Stühle und Bänke und Schränke für den Gastraum und die Zimmer entstanden. Mit Unterstützung Seans hatte der „Merry Dragon“ auch eine prächtige Veranda bekommen. Schon bald gaben auch Freunde, Nachbarn und Gäste Möbel bei ihm in Auftrag, und für die Weinbauer fertigte er Weinfässer an. Als er dann seine Liebe Rachel kennenlernte und mit ihr eine Familie gründete, kamen Wiegen und Kindermöbel hinzu. Ambrose platzte beinahe vor Stolz, als er eine eigene Sitzgruppe für die kleine Kundschaft auf die Veranda des „Merry Dragon“ stellen konnte.
Andy und Cathy waren sehr stolz auf ihre beiden Kinder. So beschäftigt wie die beiden waren, würden die Eltern sich wohl noch nicht zur Ruhe setzten können. „Macht nichts“, sagte Andy, als er an einem ruhigen Abend mit seiner Cathy auf der Veranda des „Merry Dragons“ saß, „ein deutsches Sprichwort lautet: Alter schützt nicht vor Liebe, aber Liebe schützt vor dem Alter!“
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