Rheingrenze und Louisiana-Kauf

Französischer Soldat am Rhein
Französischer Soldat am Rhein

Rheinland, 1794-1806. Französische Truppen am Rhein, das linke Rheinufer wird französisch, rechts entsteht das Großherzogtum Berg, Die USA kaufen Louisiana von Napoleon.

Während am Potomac die neue Hauptstadt der USA entstand, blieb in Europa kein Stein auf dem anderen. Die Französische Revolution erschütterte die Monarchien Europas; es kam zum Krieg.

Napoleon

1794 besetzten französische Truppen das linke Rheinufer, im Oktober fielen Bonn und Köln. De facto war der Rhein nun die Grenze zwischen Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, auch Altes Reich genannt. Ein Jahr später schied König Friedrich Wilhelm II. von Preußen aus der Koalition gegen Frankreich aus und noch im selben Jahr setzen französische Truppen über den Rhein. Nach dem Sieg Napoleons in Italien musste Kaiser Franz II. im Oktober 1797 die Rheingrenze anerkennen; die völkerrechtliche Anerkennung folgte im Frieden von Lunéville 1801. Zugleich wurden den Fürsten, die auf der linken Rheinseite Gebiete verloren hatten, Entschädigungen auf der rechten Rheinseite versprochen.

Die Rheingrenze (1794-1803)

Als Johann Bergmann im fernen Amerika diese Nachrichten las, war ihm gleich klar: Diese Entschädigen waren nur möglich, wenn man einigen Fürsten auf der rechten Rheinseite etwas wegnahm. Bald darauf war es in den großen Zeitungen zu lesen: Ein Ausschuss des Reichstags, die Reichsdeputation, hatte 1803 entschieden, die geistlichen Fürstentümer und Klöster aufzuheben und ihre Gebiete an weltliche Landesherren zu geben, zudem verloren die meisten kleinen Länder und Reichsstädte ihre Selbständigkeit und wurden anderen Landesherren zugeschlagen. Johann legte seine Zeitung nieder. „Warum drücken sie es so kompliziert aus“, dachte er, „auch wenn es formal stimmt. Fakt ist: Napoleon hat die Landkarte Deutschlands neu gezeichnet.“

Der Kauf von Louisiana (1803, Amerika und Europa)

Auch Präsident Jefferson in Washington blickte mit Sorge auf den Eroberer in Paris. Frankreich besaß noch immer New Orleans an der Mündung des Mississippi, und der war ein ganz wichtigen Handelsweg für die Amerikaner. Zudem standen Napoleons Truppen in Haiti und der Kaiser hatte die Absicht, nach der Niederschlagung einer Revolte in Haiti das riesige, ehemals französische Louisiana-Gebiet zurückzuerobern. Jefferson handelte – vielleicht konnte man Frankreich New Orleans und sein Umland ja abkaufen. Doch zunächst kam der amerikanische Botschafter in Paris nicht weit; erst als viele französische Soldaten in Haiti an Gelbfieber starben und fast ganz Europa gegen Frankreich stand, wurde Napoleon kompromissbereit. Er brauchte keine weitere Front gegen ihn, aber Geld für seine Feldzüge.

Anfang 1803 kam Emmett mit einer sensationellen Meldung zu Johann. Präsident Jefferson würde seinen engen Vertrauten James Monroe als außerordentlichen Gesandten zu den Verhandlungen nach Paris schicken. „Ich gehöre zu Monroes Stab“, rief Emmett aufgeregt, „und auf dem Schiff sind noch Kabinen frei, Ihr könnt mit uns nach Frankreich segeln und dann weiter an den Rhein!“

Eine Reise an den Rhein (1803)

Einige Wochen später schien es Johann immer noch so, als lebte er einen Traum. Auf Monroes Schiff waren sie über den Atlantik nach Frankreich gesegelt und hatten mit Emmett einige wunderbare Tage in Paris verbracht. Dann waren Laurie und er durch das Elsass nach Straßburg weitergereist.

Als sie an den Rhein kamen, hatten Johanns Gefühle ihn überwältigt. Zum Glück war bald darauf sein alter Freund Jakob zu ihnen gestoßen und hatte sie erst einmal in ein Weinlokal eingeladen. Bis Koblenz würde er sie begleiten und von da zurück nach Kassel reisen. Nun fuhren sie den Rhein abwärts: Mannheim, die Residenzstadt des Kurfürsten, Speyer mit seinem herrlichen Dom, der Loreley-Felsen, vorbei an vielen Schlössern. Dann Koblenz, Linz .. und dann sahen sie den Drachenfels und die anderen Hügel des Siebengebirges.

Wiedersehen

Johann war unsicher – würde er seine Familie dort überhaupt wiedererkennen, und sie ihn? Doch als ihr Boot in Königswinter anlegte, liefen alle auf ihn und Laurie zu und umarmten sie herzlich. Da waren Hedy Bergmann mit ihren Söhnen Heinrich und Niklas und Hedys Bruder Ewald, auf dessen Hof am Fuße des Ölbergs sie seit dem Tod ihres Mannes lebten. „Ja, Johann“, sagte Hedy, nachdem alle etwas zu Atem gekommen waren, „es sind bewegte Zeiten hier im Rheinland. Drüben auf der linken Rheinseite ist jetzt Frankreich. Herzog von Berg ist der bayrische Wittelsbacher Maximilian Joseph, ein großer Freund Frankreichs. Das Erzbistum Köln ist aufgehoben, es ist von der Landkarte verschwunden. Königswinter mit dem Drachenfels und der Wolkenburg kommen zu Nassau-Usingen.“

Immer wieder mussten Johann und Laurie von Amerika erzählen. „Ja, unser Präsident Thomas Jefferson wurde vom Volk gewählt“, sagte Johann, „auch ich konnte meine Stimme abgeben.“ „Und bei uns gibt es noch Leibeigenschaft“ sagte Niklas Bergmann leise. „Drüben auf der linken Rheinseite gilt schon französisches Recht, „Liberté – Egalité – Fraternité“, und ich hoffe sehr, dass etwas davon auch zu uns kommt.“

Großvaters Heimat

Heinrich und Niklas zeigte ihnen das Siebengebirge und den Mirbesbach, von dem Lauries Großvater Andy ihr so viel erzählt hatte. Auch ihre Straße war nach ihm benannt. Als Amerikanerin war es für Laurie nichts Ungewöhnliches, dass ihre Freunde und Nachbarn Wurzeln in anderen Ländern hatten. Und doch bewegte es sie, den Ort zu sehen, an dem ihr Großvater als Junge gespielt hatte. Sie zog einen kleinen Holzdrachen aus ihrer Tasche und setzte ihn liebevoll auf dem Boden ab. „Der ist von Großvater und Anton“, sagte sie leise, „sie hatten damals noch nicht einmal Zeit, sich zu verabschieden.“

Am Abend sagte Heinrich bewundernd: „Das war ein schöner Holzdrache, Dein Großvater muss sehr begabt gewesen sein.“ „Ja“, antwortete Laurie lächelnd, „das war er, und unsere Tochter Jenny hat die handwerkliche Begabung geerbt. Sie töpfert, auch unser Geschirr im „Merry Dragon“. Da gibt es Motive aus allen Ländern, aus denen unsere Familie und unsere Freunde kommen, und natürlich immer wieder Drachen. Ich glaube, bald sind wir nicht nur für unsere gute Küche bekannt, sondern auch für Jennys Geschirr!“

Rheinwein für Jefferson

In Paris hatten sich inzwischen die amerikanischen und französischen Diplomaten geeinigt und James Monroe plante seine Rückreise. Auch die glücklichen Tage am Rhein gingen zu Ende. Beim Abschied sagte Johann: „Wenn Ihr je Hilfe braucht, schreibt mir, und dann kommt Ihr zu uns nach Amerika. Wir sind nicht reich, aber die Überfahrt können wir finanzieren.“

Auf der Rückreise nahmen sie eine Flasche Rheinwein mit, die Emmett nach ihrer Rückkehr Präsident Jefferson zukommen lassen sollte. Der Präsident mochte Rheinwein, mit dem Weinbau auf seinem Landgut Monticello klappte es noch nicht, und ohne Thomas Jefferson und James Monroe wäre diese Reise schließlich nicht möglich gewesen!

Großherzogtum Berg (1806-1814)

Nach der Niederlage Kaiser Franz II. in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz ging es Schlag auf Schlag. 16 Fürsten schlossen sich unter Protektorats Napoleons zum Rheinbund zusammen – de facto war das der Austritt aus dem Alten Reiches. Die Macht des Faktischen und ein Ultimatum Napoleons ließen Franz II. die Konsequenzen ziehen: Am 6. August 1806 dankte er als Kaiser ab und erklärte das Heilige Römische Reich für erloschen. Napoleon ordnete das Reich neu.

Auf der rechten Rheinseite entstand das Großherzogtum Berg als Modellstaat für die Rheinbundstaaten. Erster Großherzog wurde Napoleons Schwager und General Joachim Murat, 1808 übernahm der Kaiser es selbst. Damit kamen, wie die Brüder Bergmann gehofft hatten, einige der Errungenschaften der Französischen Revolution nach Berg: Am 12. Februar 1808 wurde die Leibeigenschaft aufgehoben, der Code Civil gewährte allen Bürgen Gleichheit vor dem Gesetz. Doch zugleich musste Berg für die Kriege Napoleons jährlich 5.000 Mann abstellen, und auch Heinrich und Niklas Bergmann wurden eingezogen. Bergische Soldaten kämpften gegen die Preußen, in Spanien und später im Russlandfeldzug. Die Militärpflicht belastete die Menschen sehr.

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