Der Norden und der Süden

Fort Sumter, Lincolns Wahlkampagne
Fort Sumter, Lincolns Wahlkampagne

Amerika, um 1860. Die Industriestaaten im Norden verlangten Schutzzölle auf ihre Produkte. Die Südstaaten dagegen Freihandel und keine Einmischung bei der Sklavenhaltung.

Das „geteilte Haus“ (1852-1860, Amerika)

Ein riesiges Land war entstanden, aber kein homogenes. Im Norden bewirtschafteten Farmer ihre kleineren Güter selbst und mit Landarbeiten, hier entwickelten sich Handwerk und Industrie, auch mithilfe der vielen Einwanderer. Die Sklaverei war abgeschafft. Die Industriestaaten im Norden hingegen verlangten Schutzzölle zum Schutz ihrer Produkte vor der Einfuhr von Massenprodukten aus England. Im Süden besaßen einige wenige Herren riesige Plantagen, auf denen Hunderten von Sklaven arbeiteten. Im feuchtwarmen Klima, gedieh vor allem Baumwolle. Der Gegensatz verschärfte sich, als die boomende Textilindustrie immer größeren Bedarf an Baumwolle hatte, nun brachte „King Cotton“ den Plantagenbesitzern großen Reichtum. Damit dies so blieb, verlangten die Südstaaten Freihandel und keine Einmischung bei der Sklavenhaltung. Der Missouri-Kompromiss von 1820 erlaubte die Sklavenhaltung südlich der geographischen Breite von 36° 30′, nördlich davon nicht. Doch was galt für die Staaten, die neu in die Union aufgenommen würden?

Harvey Bergmann, der politische Journalist, sah die Entwicklung mit Sorge. Im Norden gewann die Bewegung der Abolitionisten immer mehr Gewicht, 1852 erschien Harriet Beecher Stowes Roman „Onkel Toms Hütte“, in dem sie die Sklaverei anprangerte. Noch einmal fand man einen Kompromiss: Die Siedler eines neuen Bundesstaats sollten entscheiden. Als 1854 Kansas und Nebraska in die Union aufgenommen wurden, schickten beide Seiten schicken ihre Anhänger nach Kansas, und es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. So weit weg war Kansas nicht.

Eine letzte glückliche Zeit

Er dachte an seine Eltern, beide hatten Schlimmes erlebt. Niklas wäre als ganz junger Mann während des Russlandfeldzugs Napoleons beinahe umgekommen, Jennys erster Mann war im Britisch-Amerikanischen Krieg getötet worden war. Wie sehr gönnte er ihnen einen glücklichen, friedlichen Lebensabend! Nun, da der „Merry Dragon“ bei Lorenz und Annelie in den besten Händen war, konnte er sie endlich zu einer Reise überreden. Die Ostküste hinauf nach New York und Boston und hinab nach Charleston im Süden. Dann wollte Niklas, der Junge vom Rhein, noch den Mississippi sehen. So fuhren sie von New Orleans nach St. Louis, und von dort über Virginia zurück nach Hause.

Nach ihrer Rückkehr entstanden neue Teller und Tassen mit neuen Motiven: Schaufelraddampfer vom Mississippi, farbige Amerikaner, die Gospels sangen und Lausebengel, die am Ufer spielten. Es war noch einmal eine glückliche Zeit für Harvey und seine Eltern. Wenig später verstarb Jenny. „Wenigstens hat muss sie nicht mit ansehen, wie ihr Land auseinanderfällt“, sagte Niklas eines Abends zu seinem Bruder Heinrich, „immer mehr reden von Krieg.“ „Ich hatte gehofft, dass wir nie mehr durch diese Hölle gehen müssen, Bruder“, sagte Heinrich, „lass‘ uns zusammenstehen wie damals. Du kommst mit zu meiner Familie nach Virginia.“

Eine Wahlveranstaltung mit Carl Schurz (1860, Amerika)

Als 1860 Präsidentschaftswahlen anstanden, ging South Carolina noch weiter und forderte das Recht zur Sezession, zum Austritt auf der Union. Dagegen wandte sich Abraham Lincoln, der Kandidat der erst 1860 gegründeten Republikanischen Partei. Die Union musste weiterbestehen, so Lincoln, doch in neuen Staaten sollte Sklaverei nicht mehr erlaubt sein.

Carl Schurz wollte sich in den Dienst seiner neuen Heimat stellen und war in die Politik gegangen. Abraham Lincoln imponierte ihm gewaltig, als Politiker, der an dieselben Dinge glaubte wie er selbst, und auch als Mensch. So tat er sein bestes, um die Stimmen der Deutsch-Amerikaner für Lincoln zu gewinnen.

Bei einer Wahlveranstaltung in Philadelphia waren auch Heinrich, Niklas und Lorenz unter den Zuhörern. Carl Schurz war ein engagierter, rhetorisch brillanter Redner. Für ihn war die Sklaverei eine „schändliche Einrichtung“* in seinem neuen Vaterland, und nur wenn sie nicht nur auf einige Staaten reduziert, sondern im ganzen Land auf immer ausgemerzt würde, könnten die USA langfristig Frieden finden. Heinrich und Niklas sprach er damit aus den Herzen. Zu ihrer Jugendzeit daheim im Großherzogtum Berg waren viele Menschen noch Leibeigene gewesen, deren Leben vom Willen ihren Herren bestimmt wurde.

* Zitiert aus Rudolf Geiger: Der deutsche Amerikaner

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