Koloniales Amerika

Der Merry Dragon im kolonialen Amerika
Merry Dragon, koloniales Amerika

Amerika, um 1725/30. Die Auswanderer Andy aus Bonn und seine Frau Cathy aus Irland eröffnen am Brandywine Creek einen Landgasthof, den „Merry Dragon“.

Zehn Jahre war Anton nun schon in der Neuen Welt. Er lebte in einem schmucken Steinhaus am Brandywine Creek in der Nähe von Chadds Fort. Er und Andy hatten mitgeholfen, eine Landstraße zu bauen, die man ihm zuliebe „Mirbi Creek Road“, genannt hatte. Den deutschen Name Mirbesbach fand Bradock zu kompliziert, deshalb wurde daraus der „Mirbi Creek“.

Ein neues Leben

Oft ging Anton abends am Brandywine Creek entlang, sprach mit seinen Nachbarn oder setzte sich einfach auf eine Holzbank und genoss den Frieden um sich herum. Er war erfüllt von Dankbarkeit für sein Leben in der Neuen Welt, sein Städtchen, die herrliche Natur um ihn herum und die Menschen, die ihm längst lieb und teuer geworden waren. Doch die alte Heimat, das Siebengebirge und der Rhein, waren ihm im Herzen geblieben. Ab und zu brachte ein Schiff Briefe von seiner Schwägerin, und Anton freute sich, wenn er einem Schiff nach Europa einen Brief für sie mitgeben konnte. Immer mehr Menschen siedeln sich an und unser Städtchen wächst mit jedem Tag mehr“, schrieb er, „Jetzt haben wir ein Haus für jede Familie, Obst- und Gemüsegärten, eine Mühle, und bald werden wir auch ein Kirchlein haben, denn meine Enkelkinder sollen hier getauft werden.“

Anton lächelte, als er an seinen Ziehsohn Andreas und seine Schwiegertochter Cathy dachte. Aus der Jugendfreundschaft war Liebe geworden, die beiden hatten geheiratet und Lady Meredith hatte es sich nicht nehmen lassen, ihrem Schützling die Hochzeit auszurichten. Bradock hatte eine Geige mitgebracht und Sean eine Flöte, und sie alle hatten bis tief in die Nacht getanzt. Nun hatten Andy und Cathy gemeinsam ein Landgasthaus eröffnet, das sie „Merry Dragon“ genannt hatten. Bradock und Sean belieferten sie mit frischem Brot und Gemüse. Über der Eingangstür hing ein von Andy selbst geschnitzter großer, fröhlich blickender Drache. Auf der Wiese rund um das Gasthaus wuchsen kleine gelbe Blumen mit einem schwarzen Köpfchen, die Black-Eyed-Susan, die im Osten der USA heimisch sind. „Meiner Lisbeth hätte es hier gefallen“, hatte Anton leise zu Andy gesagt, „sie hat Feldblumen immer geliebt.“

Und nun waren Andy und Cathy stolze Eltern eines kleinen Jungen, denn sie nach dem geliebten Ehemann von Lady Meredith Ambrose genannt hatten.

Schuldknechte

Antons Fähigkeiten als Baumeister hatten sich schnell herumgesprochen, und so baten ihn viele Menschen um Rat. Eines Tages war er bei Farmer Jonas zu Gast, der ein neues Haus für seine Familie baute. Langsam ging er mit ihm um den Bau und freute sich. „Das wird ein prächtiges Haus“, sagte er, „und was den Schornstein angeht, schlage ich vor..“ Lächelnd unterbrach in der Farmer: „Am besten erklärt Ihr es gleich meinem Handwerker Hannes“, sagte er, „schaut, dort drüben ist er. Übrigens, Ihr könnt Deutsch mit ihm sprechen.“ Langsam gingen sie auf Hannes zu. „Ist er ein neuer Siedler?“, fragte Anton. „Nein“, entgegnete Jonas, „er ist ein Redemptioner, ein Vertragsknecht. Als er auf das Schiff ging, hat er sich verpflichtet, in Amerika für mehrere Jahre ohne Bezahlung für einen amerikanischen Dienstherrn zu arbeiten, so ist er zu mir gekommen. Dafür habe ich dem Kapitän das Geld für die Überfahrt gezahlt.“

Hannes und Anton lernten sich bei der Arbeit an Jonas‘ Haus näher kennen. Der Farmer war hochzufrieden, und oft rauchte er abends noch eine Pfeife mit Anton. „Ihr mögt den jungen Mann, nicht?“ fragte er eines Abends. „Ja“, sagte Anton schlicht. Jonas nickte. „Er ist ein tüchtiger Kerl“, sagte er, „und außerdem gescheit und gebildet. Seine Dienstzeit bei mir geht bald zu Ende und er verdient eine Chance.“ Und dann setzt er mit einem verschmitzten Lächeln hinzu: „Und Ihr überlegt schon, ob Ihr ihn als Lehrer für Eure neue Schule gewinnen könnt, nicht? Na geht schon und fragt ihn!“ Und während Anton noch sprachlos staunte, fügte er hinzu: „Wir wollen schließlich kluge Kinder!“ Als Farmer Jonas dann sein neues Haus mit einem Fest einweihte, sah man einen glücklichen Hannes, der seine kleinen Schützlinge und ihre Eltern begrüßte.

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